Titel: "Zweite Chance" hilft psychisch Kranken weiter
Text: LINZ (OÖN-hl). "Wir sind zwar
psychisch angeschlagen, deswegen haben wir aber doch ein Recht auf eine
zweite Chance", sagte die 29jährige Innviertlerin Anita S. bei der
Zehnjahrfeier des Arbeitstrainingszentrums Oberösterreich (ATZ) in
Linz.
Arbeit anzubieten, ist ein Hauptthema der psychosozialen
Rehabilitation, erklärte Primarius Werner Schöny, der Obmann von Pro
mente infirmis. Wer es schafft, in die Arbeitswelt wieder integriert zu
sein, bekommt auch seine Lebenssituation leichter in den Griff.
In Oberösterreich, wo in den vergangenen zehn Jahren 14
Arbeitstrainingszentren in Linz, Rohrbach, Steyr und Vöcklabruck mit
insgesamt 80 Arbeitsplätzen geschaffen wurden, sind inzwischen 500
Menschen in ihren Fähigkeiten gefördert worden. Maximal 17 Monate
konnten sie im Holzbereich, biologischen Landbau, einer Textilwerkstatt,
Druckwerkstatt, drei Betriebsküchen, einem Verkaufslokal, Buchladen, Büroservice
oder im Ersttagsverlag in Rohrbach behutsam wieder ins Erwerbsleben
einsteigen, Belastbarkeit trainieren.
Jeder dritte fand sofort nach dem Training einen Arbeits- oder
Ausbildungsplatz, mehr als die Hälfte hinterher zumindest vorübergehend
Arbeit. 60 Prozent der Teilnehmer waren zwischen 21 und 30 Jahren alt,
ein Viertel zwischen 31 und 40 Jahren, ein Zehntel jünger als 20 Jahre.
Der Anteil der Männer machte 60 Prozent aus. Zur
genauen Analyse der Wirkung der ATZ-Maßnahmen ist derzeit eine umfangreiche
Studie in Arbeit, die Aufschluß über die inhaltlichen Fragen der
Re-Integration in das Arbeitsleben, aber auch in ein stabiles Sozialleben
insgesamt geben wird.
In Oberösterreich, so sagt Hofrat Obrovsky vom Landesarbeitsamt,
sind 1,2 Prozent der Arbeitslosen psychisch behindert. Österreichweit
hat ihre Zahl überraschenderweise abgenommen. Von 164.000 Arbeitslosen
im Jahr 1987 waren 20.000 behindert (5510 psychisch). Während die Zahl
der Arbeitslosen bis 1992 auf 193.000 und die der behinderten
Arbeitslosen auf 23.000 stieg, sank die der psychisch behinderten auf
3813. Das mag wohl zu einem Teil auf die Maßnahmen im ATZ zurückzuführen
sein.
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