Oberösterreichische Nachrichten vom 23 .02. 1993 - Seite 016

 

Titel: Die Kulturmacher der Zukunft

Untertitel: Neues studium irregulare an der Uni Linz bildet zum Kulturmanager aus

Der Konkurrenz- und Professionalisierungsdruck wird immer größer - davon betroffen sind natürlich auch Kulturbetriebe. Kultur braucht Management - um diesem Motto gerecht zu werden, wurde vor vier Jahren erstmals der Lehrgang Kulturmanagement angeboten. Vor kurzem - die OÖN berichteten darüber - haben die ersten Absolventen ihr Diplom mit der Berufsbezeichnung "akademisch geprüfte/r Kulturmanager/in" ausgehändigt bekommen.

Die typisch österreichische Frage zuerst: Zu was braucht man das? Der Linzer Uni-Rektor Johannes Hengstschläger brachte es bei der Diplomverleihung auf einen Punkt: "Es kann die beste Kultur schlecht verwaltet werden" und deshalb wird sie kaum Publikum haben. Um also auch Kultur "vermarkten" zu können, wurde dieser Lehrgang angeboten. Die 40 Absolventen dürfen sich nun Kulturmanager oder Kulturmanagerin nennen, obwohl "es kein klar beschriebenes Berufsfeld gibt".

"Learning by doing" ist laut Gerhard Eder, Leiter des Jazzfestivals Saalfelden und nun auch akademisch geprüfter Kulturmanager, noch immer die beste Methode, Kulturmanagement zu erlernen. 80 Prozent der Absolventen haben bereits vor Lehrgangbeginn Praxis in der Kulturarbeit gesammelt, "und wir haben während dieser Ausbildung gelernt, die in der Wirtschaft schon längst angewandten Instrumente des Marketings für die Kultur einzusetzen", erklärt der akade- misch geprüfte Kulturmanager Stefan Kurowski vom Linzer Theater Phönix.

Hannes Obermann, der im Vorjahr das niederösterreichische Kindertheaterfestival gemanagt hat, wird sich als akademisch geprüfter Kulturmanager in Wien mit einem "Büro für Kulturmanagement" selbständig machen. Er ortet "ein großes Bedürfnis nach dieser Berufssparte, denn man muß schon einiges wissen, um einen Kulturbetrieb effizient zu führen, Subventionsansuchen an die richtigen Stellen zu schicken, sämtliche Vorschriften bei Abhaltung einer Kulturveranstaltung einzuhalten, Steuererklärungen zu schreiben und vieles mehr". Die Drop-out-Rate beim Lehrgang war hoch: Zirka die Hälfte der anfänglichen Teilnehmer hat aufgegeben. Interessant ist auch, daß kaum einer der Absolventen unter 30 Jahren ist.

Die vor vier Jahren als BFI-Kurs gegründete, dann zum universitären Lehrgang gewordene Kulturmanager-Ausbildung wird ab dem Herbstsemester 1993/94 als studium irregulare (das heißt, dieses Studium kann nur nach Genehmigung des Linzer Uni-Rektors inskribiert werden) an der Uni Linz angeboten und kann mit dem Magistertitel abgeschlossen werden. "Doch dieses praxisorientierte Studium sollte kein Modestudium werden", ist Hannes Obermann überzeugt, "denn wirklich brauchbar ist es nur für Leute, die bereits in einem Kulturbetrieb arbeiten oder vorhaben, das zu tun."

"Das Wichtigste ist, daß jemand aus der Praxis kommt, also quasi 'Stallgeruch' hat", ist auch Herwig Pöschl, "Erfinder" dieses Lehrganges, überzeugt. Das Internationale Zentrum für Kultur & Management (ICCM), dessen Geschäftsführer Pöschl ist, und die Universität Linz entscheiden, wer Kulturmanagement studieren kann. Interessenten müssen einen Fragebogen ausfüllen und werden dann zum Einzelgespräch geladen.

Die Idee zu einem solchen Lehrgang kam dem vielseitig interessierten Salzburger Kulturmenschen Pöschl, "weil ich selbst in der Kulturarbeit so viele Fehler gemacht habe, und jetzt kann ich anderen wenigstens sagen, was sie nicht tun sollten". Außerdem wird "es immer wichtiger, konzeptgestützte, marketingorientierte Kulturprogramme zu gestalten". In Zukunft werde es "finanziell immer enger für die Kulturbetriebe, und kreative, erfinderische Kulturmanager werden immer mehr benötigt". Es sei wichtig, neue Finanzierungsmöglichkeiten zu entwickeln. Die "sogenannten autonomen Kulturvereine sind nicht autonom, wenn sie von Subventionen abhängig sind".

Kontaktperson an der Uni Linz ist der Kultursoziologe Ingo Mörth: "Die Absolvierung des viersemestrigen Lehrganges ist vorerst einmal Voraussetzung für dieses Studium, aber wir anerkennen auch andere verwandte Studienrichtungen." Was angerechnet werden kann, läßt sich am besten in einem Informationsgespräch mit Mörth klären. Die Mindeststudiendauer sind neun Semester. Mörth glaubt, "daß Kulturmanagement in fünf bis acht Jahren ein Vollstudium werden könnte, wenn wir die nötigen Geldmittel vom Bundesministerium dafür bekommen".

Für nähere Informationen über den Lehrgang oder das Studium Kulturmanagement stehen Herwig Pöschl im ICCM Gmunden unter der Telefonnummer 0 76 12 / 73 3 48 oder Ingo Mörth an der Uni Linz unter 0 73 2 / 24 68 / 361 zur Verfügung. '' Das Studium Kulturmanagement ist nur für Leute brauchbar, die bereits in einem Kulturbetrieb arbeiten oder wirklich vorhaben, dies zu tun. '' Hannes Obermann (akademisch geprüfter Kulturmanager) '' Kulturmanagement wird sicher kein Modestudium, weil es zu praxisorientiert ist und wir nicht mehr als 25 bis 30 Personen pro Jahr zulassen werden. '' Ingo Mörth (Kultursoziologe an der Universität Linz) '' Kulturpolitiker nehmen sich manchmal zu wichtig. Doch sie kommen und gehen, aber wir Kulturschaffenden bleiben. Außerdem kann man Engagement nicht abwählen. '' Herwig Pöschl ("Erfinder" des Kulturmanagement-Lehrganges)


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