Titel: Die Linzer und die Fremden
Untertitel: Mit dem Alter wächst die Skepsis gegenüber den Ausländern, die Jugend in Linz ist toleranter
Text: Je älter desto skeptischer sind die Linzer gegenüber Ausländern - das ist das zentrale Ergebnis einer Studie, die 18 Soziologiestudenten der Linzer Universität unter Leitung von Dozent Ingo Mörth erarbeitet haben.
Linzer über 50 Jahren haben die meisten Aversionen gegenüber Nicht- Österreichern in ihrer Stadt: 40 Prozent der über 50jährigen fühlen sich in ihrer eigenen Lebensweise gefährdet.
Nicht bestätigt wurden die Ergebnisse anderer Studien, daß bei jüngeren Menschen Ausländerfeindlichkeit besonders üppig gedeihe. 27 Prozent der Befragten im Alter zwischen 25 und 34 Jahren meinten, daß Ausländer Knappheit auf dem österreichischen Wohnungsmarkt verursachen würden. Von den über 50jährigen vertraten 54 Prozent diese Meinung.
Ähnlich ist auch das Ergebnis punkto Arbeitsmarkt. Ein Viertel aller Befragten, jedoch deutlich mehr im Alter über 50, sprach sich dafür aus, daß ausländische Arbeitskräfte erst dann eingestellt werden sollten, wenn alle Österreicher beschäftigt sind.
Die größten Reibungspunkte im Alltag sind Religion und Sprache (siehe dazu auch die Grafik auf dieser Seite).
Insgesamt wurden im Rahmen des dreisemestrigen Soziologieprojekts 346 Linzerinnen und Linzer befragt. Schwerpunkte waren die Stadtteile mit hohen Ausländeranteilen. Entgegen der weitverbreiteten Meinung ist dieser Anteil nicht im Neustadtviertel, das vor einem Jahr durch politisch motivierte Zusammenstöße in die Schlagzeilen kam, am höchsten. FP-Wähler haben die größte Angst
Am höchsten ist, so die 1991 erstellte Magistratsstudie "Ausländer in Linz", der Ausländeranteil in der Altstadt mit 15,9 Prozent, gefolgt von Alt-Urfahr mit 13,2 und dem Neustadtviertel mit 13,1 Prozent. Unter die Lupe nahmen die Studiosi auch Kleinmünchen, wo acht Prozent der Bevölkerung keine österreichische Staatsbürgerschaft haben. Insgesamt lebten 1991 laut Magistrat 14.621 Ausländer in Linz, was einem Anteil von 7,1 Prozent der Gesamtbevölkerung entsprach.
In Kleinmünchen werden besonders häufig "Aussagen und Meinungen befürwortet, die Angehörigen fremder Kulturen gegenüber feindlichen und abwertenden Charakter haben".
Erhoben wurde auch die Haltung zu Ausländern nach parteipolitischen Kriterien. 30 Prozent der Befragten meinten, daß durch die Anwesenheit von Fremden in Österreich die österreichische Lebensweise gefährdet sei. Von den FP-Wählern stimmten indes 60 Prozent dieser Meinung zu. Die geringste Fremdenangst haben grünalternative Wähler. "Viel kann ich nicht bewegen"
Der Jurist Dozent Dr. Erich Wolny ist Chef des Präsi-dialamtes der Stadt Linz und im Nebenjob mit großem Engagement Ausländerbeauftragter des Magistrats. Die OÖN sprachen mit ihm.
OÖN: Erst seit dem Krawall im Neustadtviertel vor einem Jahr nimmt die Stadt "Ausländerproblme" halbwegs ernst. Was ist seither im Neustadtviertel geschehen?
Wolny: Die von der Stadt initiierten Arbeitskreise haben sehr gute Ergebnisse gebracht, die übrigens am 30. November ab 19 Uhr in der Wirtschaftskammer vorgestellt werden. Ein zentrales Erkenntnis ist, daß Kultur bei der Überwindung von Mißverständnissen viel leisten kann. Darum wurde auch konkret die Schaffung einer Begegnungsstätte für In- und Ausländer vorgeschlagen. Die Lage im Neustadtviertel ist nun entspannt, sicher auch durch Maßnahmen von Polizei und Verwaltung.
OÖN: Stehen Sie angesichts Ihrer anderen Aufgaben auf verlorenem Posten als Ausländerbeauftragter?
Wolny: Es ist sicher überlegenswert, daraus einen Full-time-Job zu machen. Man kann aber auch so einiges erreichen, jedenfalls kann ich vermitteln, zum Beispiel zwischen Ausländern und Behörden. Viel kann ich aufgrund meiner Kompetenzen aber nicht bewegen, konzeptive Arbeit ist auch nicht drin.
OÖN: Was ist derzeit das Hauptproblem in Ihrer Ausländerarbeit?
Wolny: Der Vollzug des Aufenthaltsgesetzes. Mittlerweile haben sich für die Erledigung der Sichtvermerke Wartezeiten von zwei Monaten ergeben. Ohne Kulanz würde es da zu Fristversäumnissen kommen.
OÖN: Was sind die offenen Hauptprobleme?
Wolny: Erstens Wohnen. Zweitens Integration im sozialen Bereich und Abbau der Sprachbarrieren. Vor allem für die türkische Gruppe muß mehr in Richtung Integration getan werden. Dazu gehört eine gegenseitige Achtung der Gewohnheiten von In- und Ausländern. Integration heißt für mich aber nicht Assimilation. Drittens Arbeitsplätze für die De-facto-Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien und jene Quasi-Flüchtlinge, bei denen das Asylverfahren noch läuft.