Oberösterreichische Nachrichten vom 27.11.1991 - Seite 016
Titel: Wer? Und wieviel?

Text: In Massen waren sie an diesem Montagabend nicht in die Neue Galerie der Stadt Linz gekommen. Das Gespräch zum Thema "Stadt - Kultur - Wohin?", zu dem die Volkshochschule den neuen Kulturstadtrat Reinhard Dyk, den Uni-Dozenten Ingo Mörth, den Stadtwerkstatt- Mitstreiter Rainer Zendron und Attila Kosa von der Österreichischen Hochschülerschaft der Linzer Kunsthochschule geladen hatte, lockte nur spärlich die gezielt Interessierten aus den Privatstuben. Diese erfuhren einiges über die Visionen einer stadtkulturellen Entwicklung und die kulturpolitischen Prämissen, vor allem aber erfuhr man vom Podium und aus dem Publikum, wer was machen soll und machen darf und wieviel er dafür zu bekommen habe.

Begriffsdefinitionen für Kultur und Kunst wurden en masse geliefert (mir gefällt noch immer am besten Peter Weibels seine: "Kultur ist, was man mir antut, Kunst ist, was ich tue") und Stichworte, wo es in Zukunft "langgehen" sollte, auch. Bürgernähe tut not, und Stadtteilbelebung und -kultur sind angesagt. Eine feine Sache, wenn sich Stadtteilkultur nicht, wie bisher, im Verlagern einer beliebigen Veranstaltung in ein Volksheim versteht, sondern im Suchen und Erfassen der Identität und Gemeinschaft. Bessere kulturelle Betriebssysteme werden gefordert, eine klare Bevorzugung der produzierenden Künste zuungunsten der reproduzierenden, wobei nicht ausdiskutiert wurde, ob man darunter mehr Geld für Hobbymaler und Jazztänzer und weniger Geld für Theater und Konzert versteht. Der "Kultur für alle" wurde das Wort geredet, dem professionellen Kulturbegriff auch, und dem Kulturamt wurde bedeutet, man möge sich als Veranstalter zurückziehen. Wohin es sich zurückziehen soll und wer dann was veranstaltet, das blieb weitgehend im dunkeln.

Worum es in der Stadtkultur zur Zeit in Wahrheit vorwiegend geht: wer wieviel bekommt. Um den harten Verteilungskampf beim Geldtopf. Die kulturpolitische Frage nach dem "wohin" findet ihre Anwort nicht in einer Diskussion, sondern in einem mühevollen Arbeitsprozeß.

(von Franz Schwabeneder)


© OÖN Alle Rechte vorbehalten.