Oberösterreichische Nachrichten vom 05. 07. 1986 - Seite 010

 

Titel: Wunsch und Wirklichkeit

Untertitel: "Kultur im Lebensraum Stadt" nun in Buchform erschienen:

Text: Fünf Jahre arbeitete Ingo Mörth an einer Erhebung zum Thema Stadtkultur am Beispiel Linz. Was für 1978 bis 1982 erhoben wurde, stimmt mit möglicherweise geänderten Zahlen, aber gleicher Tendenz noch immer. Die Arbeit wurde aktualisiert und erschien im Verlag Trauner: Handbuch für Kultur-Animateure.

Als Herausgeber der 400 Seiten starken Auflistung von Wünschen, Möglichkeiten und Taten im stadtkulturellen Bereich scheint auch Wilhelm Rausch, Leiter der Stadtkulturverwaltung, auf. Was nicht darüber hinwegtäuschen kann, daß die eigentliche Arbeit bei Mörth und seinem Team lag. Worum ging es: aufzuzeigen, was getan wird und wohin die Entwicklungslinien kultureller Aktivität und Attraktivität in einer Stadt wie Linz mit ihrer Industrie-Dominanz weisen; wie sich das Publikum (auch im Vergleich zu anderen Städten) dem traditionellen Angebot gegenüber verhält und welche Konsequenzen die Kulturpolitik ziehen soll; inwieweit ein kulturelles Image aufzubauen ist.

Die Erhebung (erarbeitet mit Hilfe des Bundes und der Kammer für Arbeiter und Angestellte) berücksichtigt sowohl die Verwaltung in der herkömmlichen städtischen Struktur als auch die Alternativbezirke wie die Stadtwerkstatt (der Posthof kann inzwischen schon als fest in den städtischen Kulturbetrieb integriert betrachtet werden).

Freilich sind die Zahlen in den Hauptgruppen der Erhebung nicht auf dem letzten Stand, wiewohl die kulturellen Blöcke und Gruppen in ihrer Arbeit bis ins Jahr 1985 herein verfolgt und in der Buchausgabe bilanziert werden. Es ist trotzdem wichtig und gut, daß breitere Kreise nun die Möglichkeit erhalten, sich die Arbeit zugänglich zu machen, die bisher doch im wissenschaftlichen und im Verwaltungsbereich hängenblieb. Sie gibt viele Hinweise auf das veränderte Kulturbewußtsein der Menschen unterschiedlicher sozialer Position, die für mehr Offenheit, für mehr Kommunikation im gesellschaftlich-kulturellen Bereich eintreten. Wer in dem Buch blättert, wird auch auf erfreulich-erstaunliche Fakten stoßen, wie zum Beispiel jene, daß 54 Prozent aller Befragten, worauf stolz zu sein in Linz Anlaß bestehe, das Brucknerhaus nannten, die Industrie landet mit 35 Prozent weit abgeschlagen auf dem zweiten Platz. Wer den Vergleich etwa mit Salzburg studiert, muß feststellen, daß hinsichtlich Konzert, Kunstausstellung oder Dichterlesung die Linzer wesentlich aufgeschlossener und aktiver sind als die Salzburger.

Das Projekt "Kulturbus" wird genau vorgestellt, und das ist Anlaß, wieder einmal nachzufragen, wie's um ihn steht, und ergibt wieder einmal die Erkenntnis, daß es um ihn schlecht steht. Zur Frage der Mobilität von Kultur innerhalb der Stadt, zu Stadtteilkultur als Aspekt der Urbanität wird viel in dem Buch gesagt und angeregt. Es erschien in einer Erstauflage von 600 Stück und kostet S 248,-

(-rt- 
= Reinhold Tauber)


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