Wertewandel im Tourismus

 

Definition "Wertewandel"

 

Der Wertewandel ist eine kontinuierliche oder plötzliche Veränderung der moralischen Überzeugung in einer Gesellschaft. Er kann sich aus verschiedenen Gründen vollziehen. Bisher akzeptierte Werte können ihre soziale Akzeptanz verlieren. Neue Praxisfelder können entstehen oder bereits vorhanden eine neue Bewertung erfahren. Moralische Überzeugungen verschiedener gesellschaftlicher Gruppen können miteinander konkurrieren und einander widersprechen. In diesem Sinne haben sich im 20. Jahrhundert Wandlungen vollzogen, die die traditionellen Werte der Pflicht, der Unterordnung und Ordnungsliebe durch Wertvorstellungen wie Selbstverwirklichung, Autonomie und Mündigkeit nahezu abgelöst haben.

 

Ein konkreter Wertewandel lässt sich ermitteln und bewerten, in dem man die Ergebnisse einer standardisierten Umfrage über einen gewissen Zeitraum wiederholt und seine Ergebnisse in Relation bringt.

 

Tourismus im Wandel

 

In der Antike waren Handel oder kriegerische Unternehmungen die Reisemotive. Zur Zeit der Römer traten erstmals auch gesundheitsorientierte Motive auf. Im Mittelalter gewannen religiöse Beweggründe an Bedeutung, während das Bildungsmotiv für die frühe Neuzeit bezeichnend war. 2 Dinge charakterisieren das Reisen zu dieser Zeit: es war der Oberschicht der Bevölkerung vorbehalten und es war äußerst strapaziös. Die industrielle Revolution war deshalb Fortschritt in technischer, ökonomischer und sozialer Hinsicht. Erstmals konnte das zu Wohlstand gekommene Bürgertum verreisen und imitierte das Verhalten der Adeligen, indem es bis dahin dem Adel vorbehaltene Reiseziele eroberte. Der Segregationsdruck der Adeligen (=Abheben von den unteren Schichten) hatte die Suche nach neuen Plätzen seitens des Adels und das stetige Nachrücken der Bürger zur Folge. Zuerst waren Kurorte (Spa, Baden-Baden, …) im Vordergrund, danach die "Searesorts" u. das Gebirge. Mit dem Eintritt ins Eisenbahn- u. Dampfschiffzeitalter und dem Ausbau des Straßennetzes trat erstmals das Vergnügen als Reisemotiv in den Vordergrund. Als Wendepunkt zum "modernen" Tourismus wird Thomas Cooks legendäre Reisezugfahrt zur Temperenzlerkonferenz von Leicester nach London, die einer Gesellschaftsreise gleichkam, verstanden.

 

Die touristische Explosion ist auf wachsenden Wohlstand, die Verstädterung, den zunehmenden Motorisierungsgrad und auf reduzierte Arbeitszeiten zurückzuführen. Die Zunahme der Freizeit hat das individuelle Bewusstsein des Menschen verändert und einen Wertewandel hervorgerufen. Die bisher dominierenden Lebensprinzipien wie Leistungsprinzip oder Berufsethos treten in den Hintergrund, Zeitdenken verdrängt Gelddenken. Die frei gestaltbare Zeit gewinnt enorm an Bedeutung.

 

Reisen ist heute eine soziale Norm. Während es früher als Gegenpol zur Arbeit gesehen wurde, in der man sich ausschließlich erholte und regenerierte, gilt Urlaub heute als Krönung des gesamten Freizeitlebens. Die eindimensionale Erholungsfunktion wurde vom multifunktionellen Urlaub abgelöst.

 

Die bedeutendsten Trends sind heute

·        naturverbundenes  Reisen

·        kürzere Reisen

·        Intervallreisen

·        Komfortreisen

·        Individuell gestaltete Reisen

·        Reisen in sonnige Regionen

·        Clubreisen

·        Ferienwohnungen, Bungalows u. Luxushotels

 

Der wichtigste Trend ist jedoch die Kurzreise. Dieser untermauert auch den Rückgang des Erholungsurlaubes. Gefragt sind spontane Kurzreisen mit Tendenz zu Mehrfachreisen, wobei die Kurzreise vielfach ergänzend zur großen Urlaubsreise geschieht. Bevorzugt werden Reiseziele mit kurzen Anreisewegen und -zeiten. Es wird auch im Verhältnis zu "Langreisen" mehr Geld dafür ausgegeben. Jedoch sind bei Kurzreisen der Energieverbrauch, die Umweltbelastung und der persönliche Reisestress vergleichsweise überproportional hoch.

 

Quellen:

·        http://mambo.stylesyndication.de/content/view/55/70/; Fischer J.: Werte und Wertewandel Prof. Dr. K. J. Schmidt

·        www.uni-mannheim.de/mateo/verlag/dipl/gpreis/kap-02.html; Preisinger G.: Entwicklungschancen des Tourismus in der türkischen Republik Nordzypern

 

Literatur:

·        Kaspar, C. (1992). Die Entwicklung des modernen Tourismus. Ursachen, Erscheinungsformen, Wirkungen (S. 17-25). In Statistisches Bundesamt (Hg.), Tourismus in der Gesamtwirtschaft. Ergebnisse des 4. Wiesbadener Gesprächs am 28./29. März 1990, Bd. 17 der Schriftenreihe Forum der Bundesstatistik. Stuttgart: Metzler & Poeschel.

·        Klages, H. (1984). Wertorientierungen im Wandel, Frankfurt/M.

·        Schmidt, H. (1992). Wandel des Freizeittourismus im Osten? Melsungen: Touristik & Verkehr, 3, 5-6.

·        Uttitz, P. (1985). Freizeitverhalten im Wandel, Erkrath: DGFF.