Computerspiele

 

Definition

Ein Computerspiel ist ein Programm auf einem Computer (einem PC oder einer Spielkonsole), welches es einem oder mehreren Benutzern (Usern) ermöglicht ein interaktives Spiel zu steuern.

 

Geschichte:

Im Jahr 1958 machte eine Besuchergruppe am Tag der offenen Tür eine Tour durch das Kernforschungszentrum „Brookhaven National Laboratories“ in Long Island (New York). Dort präsentierte ihnen der Physiker William Higinbotham das erste Computerspiel der Welt. Es war als eine Demonstration der Rechenleistung des Computers gedacht. Damals war noch nicht klar, welche massiven soziokulturellen und ökonomischen Auswirkungen Computerspiele einst auf unsere digitalisierte, moderne Welt haben werden.1

 

Die Computertechnologie steckte noch in den Kinderschuhen und während der 60er Jahre waren Computerspiele jenen Einrichtungen vorbehalten, die leistungsfähige Rechner in Gebrauch hatten: Universitäten und Forschungseinrichtungen.

 

Anfang und Mitte der 70er Jahre entwickelte sich die Fernseh- und Computerindustrie soweit, dass die ersten Videospielautomaten in Spielhallen und anderen Freizeiteinrichtungen Einzug hielten. Die Firma Atari schaffte es zum Marktführer und bot dann ab Oktober 1977 das „VCS“ (Video Computer System) mit 9 Spieletitel für das Wohnzimmer an 2. Ab dann war der Siegeszug dieses neuen Mediums nicht mehr aufzuhalten.

 

„Der Markt für Computerspiele ist die dynamischste Branche innerhalb der Unterhaltungsindustrie und hat in den vergangenen Jahren den Umsatz der internationalen Filmindustrie deutlich überflügelt. Nach einer Studie von Pricewaterhouse Coopers wird der weltweite Umsatz der Spieleindustrie bis 2009 auf rund 55 Mrd. USD jährlich anwachsen. Für den deutschen Markt erwarten Forschungsinstitute bis dahin ein Volumen von rund drei Milliarden Euro pro Jahr.“3

 

 

Soziale Auswirkungen und die Problematik von Gewaltspielen:

 

Seit der rasanten Ausbreitung des Internets in den 90er Jahren, werden Spiele immer häufiger nicht alleine oder mit einem physisch anwesenden Partner gespielt, sondern über das globale Netz. Dadurch bekommen die Spiele eine neue soziale Dimension. Der Spieler ist nicht mehr isoliert vor seinem Gerät, sondern spielt gemeinsam mit vielen anderen. „World of Warcraft“ das zur Zeit wohl bekannteste „Massively Multiplayer Online Role-Playing Game (MMORPG),“ hat 2005 die Marke von 5 Millionen zahlenden Kunden erreicht. 4

 

Dank schneller Breitbandverbindungen und der Voip (Voice over IP) Technologie, ist das Gespräch von Spielergruppen über Kopfhörer und Mikrofon während der Spielzeit mittlerweile zum Standard geworden und hat eine neue Qualität erreicht.

 

Währen in Asien hauptberufliche Computerspieler wie Superstars gefeiert werden und Computerspiel-Meisterschaften im Fernsehen übertragen werden, haben viele Europäer noch immer das Stereotyp des vereinsamten Computerfreaks vor Augen, der nur in seinem dunklen Zimmer hockt und aufgestachelt von gewalttätigen Computerspielen irgendwann Amok läuft und Menschen tötet.

„Direkte Wirkungen in dem Sinne, dass ein Spieler nach einem blutrünstigen Deathmatch mit der Pumpgun auf die Straße läuft und dort wahllos alles abschlachtet, sind nicht nachweisbar. Computerspiele schaffen keine neuen Einstellungen und Handlungsbereitschaften, vorhandene Dispositionen werden aber stabilisiert und verstärkt.

Es gilt als sicher, dass Mediengewalt negative Effekte haben kann. Der in der Öffentlichkeit beliebte direkte Schluss vom Inhalt von „Killerspielen“ auf deren Wirkungen ist aber unzulässig. Der Wirkungszusammenhang zwischen Spieler und Spielen ist so komplex, dass generelle Aussagen zur Wirkung von Gewaltdarstellungen nicht gemacht werden können.

Untersuchungen zur Wirkung von Spielen weisen auf ein Wechselverhältnis zwischen den Angeboten des Spiels auf der einen Seite und den Erwartungen des Spielers auf der anderen Seite hin: der Spieler wählt das Spiel, das zu ihm passt und ihm in seinen Wünschen, seiner Handlungsbereitschaft und seinen Vorstellungen „entgegenkommt“.“ 5

 

Gesellschaftliche Funktion von Computerspielen:

 

„In erster Linie entfalten Computerspiele als mediales Unterhaltungsanbot individuelle Funktionen für den Nutzer, die von Spieler zu Spieler sehr unterschiedlich ausfallen können. In der Forschung werden zum Beispiel folgende Motive für die Computerspielnutzung genannt:

Die gesellschaftliche Funktion von Computerspielen liegt damit einfach gesagt im Anbieten von Erlebnissen und Handlungsentwürfen, die in der Realität entweder nicht verwirklichbar sind oder auch gar nicht angestrebt werden. Einige Autoren sprechen hier recht anschaulich von einer Verdopplung der eigenen Identität mittels virtueller Avatare.

Wenn Multiplayerspiele und Lebenssimulationen genutzt werden, um soziale Bedürfnisse zu befriedigen, Actionspiele genutzt werden, um aufregende Situationen zu erleben, äußert sich hierin möglicherweise ein empfundener Mangel solcher Erfahrungen in der nicht virtuellen Welt. Die Funktion von Computerspielen in unserer Gesellschaft ist demnach kompensatorisch.

Während diese Kompensation lange Zeit recht unkritisch gesehen wurde und die Entwicklungschancen im Virtuellen herausgestellt wurden, melden sich zunehmend auch kritischere Stimmen.

So wird bemerkt, dass virtuelles Erleben nur ein blasses Abbild realer Erfahrungen ist und damit nur ein unzureichendes Sublimat für reales Freizeiterleben, selbst wenn die Spiele zunehmend komplexer und wirklichkeitsnäher werden. Ein unproblematischer Zugang zu solchen alternativen Spielerfahrungen, die die eigenen Unzulänglichkeiten, Sehnsüchte oder Entwicklungspotentiale überdecken, kann unter bestimmten Umständen dazu führen, dass reale Lern- und Entwicklungschancen verpasst werden.

Dies stellt insbesondere dann eine Gefahr dar, wenn das Spielen exzessiv betrieben wird und anderes Freizeitverhalten dadurch in Mitleidenschaft gezogen wird. Momentan geht man von einem Anteil von circa fünf bis 13 Prozent aller Spieler aus, die Computerspiele exzessiv nutzen. Bei ihnen ist zu befürchten, dass die ursprüngliche Unterhaltungsfunktion der Spiele vermehrt hinter inadäquaten Kompensationsfunktionen realer Erlebensmängel zurücktritt.“ 6

 

Quellenverweise:

 

1 vgl.: Brookhaven National Laboratory: “Video Games – Did They Begin at Brookhaven”

URL: http://www.osti.gov/accomplishments/videogame.html

dl (26.05.2006)

 

2  vgl.: Curt Wendel 1997: “The Atari Historical Society”

URL: http://www.atari-explorer.com/history/history3.html

dl (26.05.2006)

 

3 Atlantic Fonds: „Boom der digitalen Welten“

URL: http://www.atlantic-fonds.de/index.php?page=B_2_1&id=NN-83

dl (26.05.2006)

 

4 vlg.: Blizzard Entertainment Presseaussendung (2005): „World of Warcraft überschreitet Marke von 5 Millionen Kunden weltweit“

http://www.blizzard.de/press/051219.shtml

dl (26.05.2006)

 

5 Kommission für Jugendmedienschutz (KJM) (2003): „Gewaltspiele im Internet“

http://www.jugendschutz.net/gewalt/Gewaltspiele/index.html

dl (26.05.2006)

 

6 Rehbein, Kleimann; Bundeszentrale für politische Bildung (2006): „Nicht einfach gefährlich - Gefährlich einfach“

URL: http://www.bpb.de/themen/5DF03E,0,0,Nicht_einfach_gefährlich:_Gefährlich_einfach.html

dl (26.05.2006)

 

 

Weblinks:

 

Computerspielemuseum:
http://www.computerspielemuseum.de/
Verein zur Erhaltung der Videospielkultur
http://www.retrogames.info/
Interaktive Datenbank mit Beurteilungen von Computerspielen der deutschen Bundeszentrale für politische Bildung

http://snp.bpb.de/

Interaktive Computerspiele-Datenbank der Bundeszentrale für politische Bildung

Search&Play
Kreative Frauen gesucht (sbznet.de)
Berufsbild Spielentwickler:
Computerspiele-Datenbank mit über 700 Oldie-Computerspielen
Spiele-Archiv
Unterrichtseinheit für Grund- und Förderschulen (Autorin: Antje Zimmermann)
Kreativ Computer spielen
Geschichte der Viedospiele:
8bit-Museum
Altersfreigaben für Computerspiele und weitere Informationen
USK Unterhaltungssoftware Selbstkontrolle
Eingetragener Verein für Videospielkultur
RetroGames e.V.
Weitere Links zum Thema „Computerspiele“ im Open Directory Project,

 

 

Literatur:

Katie Salen, Eric Zimmerman: Rules Of Play – Game Design Fundamentals. The MIT Press, Cambridge, London, ISBN 0-262-24045-9
Gerd Frey: Spiele mit dem Computer. ISBN 3-908491-40-1 ([1])
Konrad Lischka: Spielplatz Computer. Kultur, Geschichte und Ästhetik des Computerspiels], ISBN 3882291931 ([2])
Claus Pias: Computer Spiel Welten. ISBN 3936488096
Mathias Mertens, Tobias O. Meissner: Wir waren Space Invaders. ISBN 3-8218-3920-1 ([3])
Steven L. Kent: The Ultimate History of Video Games. From Pong to Pokémon and Beyond — The Story Behind the Craze That Touched Our Lives and Changed the World.
Roseville/California 2001, ISBN 0-7615-3643-4
Jürgen Fritz, Wolfgang Fehr (Hrsg.): Handbuch Medien: Computerspiele. Bundeszentrale für politische Bildung
Bob Bates: Game Design - Konzept, Kreation, Vermarktung; (2002) ISBN 3815504333
Britta Neitzel, Matthias Bopp, Rolf F. Nohr (Hrsg.): 'See? I'm real...'. Multidisziplinäre Zugänge zum Computerspiel am Beispiel von 'Silent Hill' . Lit Verlag, 2005. ISBN: 3825883744

 

------------------------------------------------------------------------

Aus Gründen der flüssigeren und besseren Lesbarkeit wurde im folgenden Text auf die explizite Anführung von weiblichen und männlichen Formen verzichtet und ausschließlich die männliche Form verwendet. Diese ist als geschlechtsneutral zu beurteilen und steht für beide Geschlechter in gleicher Weise.